Mobilfunkbetreiber und Behörden versichern uns, wir hätten in der Schweiz für Mobilfunkantennen einen der tiefsten Grenzwerte der Welt. Das ist eine irreführende Behauptung. Der sogenannte Immissionsgrenzwert gemäss NISV für die Gesamtstrahlung infolge aller ortsfesten Funkquellen an einem beliebigen Ort ist genau so hoch wie in den meisten anderen Ländern Westeuropas. Er basiert auf den Empfehlungen des privaten Vereins ICNIRP. Der gemäss NISV zehnmal tiefere und als „Vorsorgewert“ bezeichnete Anlagegrenzwert von max. 6 V/m berücksichtigt nur die Strahlung einer einzigen Sendeanlage. Er soll Personen bloss innerhalb von Räumen schützen, wo sie sich längere Zeit aufhalten. Würde der Anlagegrenzwert auch im Freien gelten, dann hätten wir tatsächlich einen besseren Schutz als in unseren Nachbarländern. Doch auch dieser Schutz ist illusorisch: Die von beratenden Messfachleuten seit über einem Jahrzehnt anhand tausender von Praxisfällen gewonnene Erfahrung sagt aus, dass Elektrosensible nochmals wesentlich tiefere Strahlungswerte benötigen, damit sie einigermassen beschwerdefrei leben können. Derart tiefe Werte sind heute jedoch an den meisten Orten nur noch mit aufwendigen Abschirmmassnahmen zu erreichen. Ausserdem gibt es viele Hinweise aus Wissenschaft und Praxis, dass auch für den (noch) nicht elektrosensiblen Teil der Bevölkerung weit unterhalb von 6 V/m langfristig das Risiko einer Gesundheitsschädigung besteht.
Die Behauptung, wir seien wegen unseres tieferen Grenzwertes besser geschützt als das Ausland, ist noch aus einem zweiten Grunde falsch: Im Ausland werden im Siedlungsgebiet meist nicht höhere Strahlungswerte gemessen als bei uns. Woher kommt das? In den meisten Fällen werden die Betreiber in der Festlegung ihrer abgestrahlten Sendeleistung durch den Schweizer Anlagegrenzwert von max. 6 V/m nur wenig oder gar nicht eingeschränkt. Der Abstand von Mast zu Mast (Senderdichte) ist eher durch die Kapazität (Anzahl der gleichzeitig möglichen Verbindungen pro Antenne) bedingt. Antennentechnik und Netzplanung basieren auf internationalen Standards und sind im Ausland nicht anders als bei uns. Gälte unser Anlagegrenzwert z.B. in Deutschland, so wäre er dort im Siedlungsgebiet kaum je überschritten. Zahlreiche amtliche und private Messungen bestätigen dies. Dazu kommt, dass die Betreiber selber gut über den Zusammenhang zwischen Antennenstrahlung und Gesundheitsstörungen Bescheid wissen, auch wenn sie in der Öffentlichkeit ein Gesundheitsrisiko verneinen. Sie haben kein Interesse daran, allzu stark zu strahlen, da sonst die schädlichen Auswirkungen der Strahlung schneller publik würden.
Der Schweizer Anlagegrenzwert ist also der Strahlungswert, den die internationale Mobilfunkbetreiberschaft überall gerade noch aufgrund der physikalisch bedingten Strahlungscharakteristik von Antennnen und ohne nennenswerte Einschränkung ihrer Geschäftstätigkeit leicht einhalten kann. Er gewährt aber keinen Schutz für die Bevölkerung.