Neues Bundesgesetz öffnet Schleusen für zukünftige Funkanwendungen

Das Bundesamt für Gesundheit hat den Vorentwurf für ein neues Gesetz in die Vernehmlassung gegeben, das den verheissungsvollen Titel „Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG)“ hat. Der Titel des NISSG sowie die Definition der nichtionisierenden Strahlung (NIS) in Art. 2 Abs. a formulieren zusammengenommen den Anspruch, dass dieses Gesetz den Schutz vor jeglicher nichtionisierender Strahlung regeln soll; das betrifft den ganzen Frequenzbereich technisch erzeugter elektromagnetischer Felder und Strahlung von  Hausstrom-, Bahnstrom-, Rundfunk-, Mobilfunk- und Radar-Anlagen sowie von Infrarot-, Licht- und Ultraviolett-Strahlern. Dazu soll das Gesetz die technische Nutzung von Schall regeln. Es erstaunt bei diesem umfassenden Anspruch doch sehr, dass im erläuternden Bericht fast nur mit dem – unbestritten dringlichen – Schutz vor leistungsstarken Laserpointern argumentiert wird.

Der Dachverband Elektrosmog Schweiz und Liechtenstein ist der Auffassung, dass hier ein neues Gesetz auf Vorrat geschaffen werden soll, das später auf Verordnungsebene verschiedenste weitere Regelungen mit ungenügendem Schutz ermöglicht. Ein solcher ist deshalb zu befürchten, weil der Gesetzesentwurf in krassem Widerspruch zum Umweltschutzgesetz (USG) steht. Im USG ist eine der fortschrittlichsten Errungenschaften unserer zivilisierten Gesellschaft verankert: das Vorsorgeprinzip. Es bedeutet, dass bereits dann Massnahmen zum Gesundheitsschutz getroffen werden müssen, wenn absehbar ist, dass NIS schädliche Wirkungen haben. Im neuen NISSG soll darauf allen Ernstes verzichtet werden und explizit sogar eine „geringfügige Gefährdung“ von Personen durch NIS zulässig sein. Wieviel NIS von einem Laserpointer soll beispielsweise ein Polizist, Lokführer oder Pilot ertragen müssen, damit seine Augenschäden nicht bloss als geringfügig eingestuft werden?

Wir halten den Gesetzesentwurf für ein Abbild des wenig sachdienlichen Kompetenzgerangels zwischen den  beteiligten Bundesämtern unter Einbezug kantonaler Vollzugsorgane. Insbesondere betrifft dies das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU). Besonders irritierend ist auch, dass dem Bund erlaubt sein soll, private Unternehmen für Kontrollaufgaben beizuziehen. Aus anderen Bereichen ist hinlänglich bekannt, dass die Auslagerung behördlicher Aufgaben an Dritte dazu führt, dass für diese Aufgaben über kurz oder lang praktisch keine privaten Unternehmen ohne Interessenkonflikte mehr zu finden sind. In letzter Konsequenz wird sich die NIS-emittierende Industrie selber kontrollieren, was sicher nicht im Interesse der betroffenen Bevölkerung ist.

Der Dachverband Elektrosmog Schweiz und Liechtenstein ist daher der Auffassung, dass es zielführender ist, wenn der Gesetzesentwurf sorgfältig und ohne Zeitdruck überarbeitet wird. Insbesondere sollte geklärt werden, ob ein einheitliches Gesetz über ionisierende und nichtionisierende Strahlung geschaffen werden kann, das konsequent dem Vorsorgeprinzip im USG gerecht wird und dabei die aktuelle industrieunabhängige Forschung sowie die medizinische Praxiserfahrung berücksichtigt. Entgegen den wenig plausiblen Begründungen im Erläuternden Bericht könnte das Problem mit den Laserpointern, Solarien und Schall kurzfristig mit der Anpassung bestehender und, falls notwendig, auch mit neuen Verordnungen gelöst werden.

Ausführliche Stellungnahme des Dachverbandes

Link zum Gesetzesentwurf des BAG